Einleitung

„Faszination Ameisen“

Ameisen faszinieren uns Menschen seit Urzeiten. Ihre Überlebensstrategien, ihre technisch ausgeklügelten Bauten mit hochwirksamen Belüftungssystemen und einer bewundernswerten Baustatik sind im Tierreich einmalig. Zwar winzig klein, oftmals von uns kaum bemerkt, sind sie die wahren Riesen des Waldes. Der duftgelenkte Staat, ein Superorganismus mit aufopfernder Verteidigungs- und Kampfbereitschaft sowie einer dem Menschen ähnlichen Kriegsführung, lässt eine evolutionäre Meisterleistung erkennen. Der „Sozialstaat Ameisen“ funktioniert so vollendet, weil das Handeln der Individuen von einem vollkommenen Gemeinsinn, von Selbstlosigkeit und Arbeitsteilung geprägt ist.

Ameisen sind Baumeister, Weber, Blattschneider, Straßenbauer, Klimatechniker, Jäger, Sammler, Pilzzüchter, Viehhalter, Gärtner, Chemiker, Gastgeber usw.. Viele dieser Berufsgruppen sind im Formicarium zu beobachten.

Die Ausstellung fordert zum Entdecken auf. Sie soll begeistern und einen spielerischen Zugang zum Thema ermöglichen. Visuelle Ansprachen und informative Inszenierungen überwiegen; alle Texte sind knapp und anschaulich. Die Ausstellung ist ausgerichtet auf überschaubare 150 Quadratmeter. Sämtliche Exponate und Themenbereiche sind in sich schlüssig und knüpfen ein leicht zugängliches Netz von Abhängigkeiten im Ameisenstaat und im Lebensraum Wald. Ständig anwesende Spezialisten geben Auskunft und führen Schülerinnen und Schüler im Dialog durch die vielfältigen Themenbereiche.

Ein pädagogisches Prinzip: „I hear – I forget, I see – I remember, I do – I know“ fand auch bei der Gestaltung der Ausstellung starke Berücksichtigung.

Schülerinnen und Schüler erfahren etwas über die erstaunlichen Fähigkeiten der Ameisen. In zahlreichen Themenkreisen wird ihnen nahe gebracht, warum Ameisen für Vielfalt in ihrem Lebensraum sorgen, warum arten- und strukturreiche Waldränder für sie von großer Bedeutung sind. Sie erkennen, was die sozialen Bindungen im Ameisenstaat ausmachen, was es mit dem Sozialmagen der Ameisen auf sich hat und welche herausragende Bedeutung sie für einen gesunden Wald haben. Sie lernen, warum 30 Prozent der Tagschmetterlinge ohne Ameisen kaum leben können, oder zahlreiche Blumen ausschließlich von Ameisen verbreitet werden. Ihnen wird erläutert, warum aufgedüngte Wiesen zu Artenarmut führen, welche Strategien die ca. 3000 Arten von Mitbewohnern in den Ameisennestern verfolgen, um teils friedlich, teils räuberisch mit den Ameisen zusammen zu leben. Schülerinnen und Schülern wird vermittelt, welche Bedeutung die Ameisen für die Überwinterung vieler heimischer Vögel haben. Anhand farbiger Fäden lassen sich auf einer Lehrtafel viele interessante und oftmals unbekannte Wechselbeziehungen verfolgen.

Sie hören davon, wie sich Ameisen orientieren, wovon sie leben und dass wir den leckeren Blüten- und Waldhonig indirekt den Ameisen zu verdanken haben. Auf dem Gebiet der Bionik werden Ameisen z.B.: in der Autoindustrie als Forschungsobjekt eingesetzt, um eine Lösung gegen Verkehrsstaus zu finden. Sie dienen zur Kreierung neuer Antibiotika und zur Entschlüsselung der zahlreichen Ameisenpheromone. Zur Zeit wird geforscht, wieso Ameisen das Hundertfache ihres Körpergewichtes schleppen können und dies sogar überkopf unter einer Glasscheibe hängend.

Durch die Erarbeitung dieser Fragen eröffnet sich Schülerinnen und Schülern ein schier unglaubliches Netz von Abhängigkeiten. Sie lernen das vernetzte Denken und bekommen Zugang zu komplexen dynamischen Systemen. Es entwickelt sich eine Wertschätzung auch gegenüber dem Kleinen, sowie eine Wertschätzung der Natur als erhaltenswertem Gut. Und das sollte letztlich ein positives, eben umweltgerechtes Verhalten bei Schülerinnen und Schülern fördern.

Die Motivation zu „richtigem“ Handeln, der Umgang mit Komplexität und verschiedenen, möglicherweise sich widersprechenden Wertevorstellungen sind Schlüsselkompetenzen für nachhaltiges Handeln. Derartig motivierte Schülerinnen und Schüler können daher ein Garant für eine nachhaltige Entwicklung unserer Umwelt sein.

Die Ausstellung zeigt dieses Beziehungsnetz in zahlreichen Themenkreisen. Im Zentrum der Ausstellung richtet sich der Fokus auf ein lebendes, ca. 40.000 Individuen starkes Ameisenvolk im Großformicarium, das ein ungestörtes Betrachten der Krabbler ermöglicht. Verstärkt wird der Reiz des Lebendigen durch eine Videoschau. Die sprichwörtliche „Emsigkeit“ der kleinen Wald-/Waldrandbewohner fasziniert und verlangt Bewunderung ab. Schülerinnen und Schüler beginnen ihr eigenes Sozialverhalten zu hinterfragen, sie bekommen Achtung vor den kleinen Kraftprotzen. Sie werden angeregt, die Netzwerke der Ameisen zu begreifen und reflektieren vielleicht ihre Verantwortung und ihr Verhalten gegenüber der Umwelt.

Diese bundesweit einmalige Lehrausstellung ermöglicht Schülerinnen und Schülern sowie Erwachsenen gleichermaßen den Einblick in eine – ihnen bislang wenig bekannte – Welt.

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